Konfliktfähiges Führen ist nicht nur ein Modewort. Es ist die Fähigkeit, Konflikte produktiv zu nutzen, Beziehungen im Team zu stabilisieren und damit die Qualität der Ergebnisse nachhaltig zu verbessern. In diesem Artikel teilt Jörg Kundrath seine Erfahrungen aus der Zeit als Gründer, Unternehmer und heute als Begleiter von Führungskräften und Organisationen. Jörg erklärt, warum konfliktfähiges Führen so wichtig ist, welche inneren Haltungen und konkreten Werkzeuge den Unterschied machen, und wie Sie sofort damit beginnen können, Ihre Führung wirksamer und menschlicher zu gestalten.
Wir leben in Zeiten, in denen sich Märkte, Erwartungen und Arbeitsformen rasant verändern. Die klassische Hierarchie hat an Wirkung verloren, und zugleich ist die Erwartung an Führungskräfte gestiegen: Ergebnisse liefern und zugleich eine Arbeitsatmosphäre schaffen, in der Menschen gerne bleiben. Genau hier setzt konfliktfähiges Führen an. Wer diese Fähigkeit besitzt oder entwickelt, kann Konflikte nicht nur entschärfen, sondern sie als Motor für Klarheit, Verantwortung und Innovation nutzen.
Als Unternehmer hat er erlebt, wie ein schnell wachsendes Unternehmen zwar Umsatzrekorde schreibt, aber die eigene Seele verliert, weil sich Führung nur auf Zahlen konzentriert. Nach einer persönlichen Krise habe ich gelernt: wahrer Erfolg beginnt nicht auf dem Konto, sondern bei dir selbst. Das gilt auch für Führung. Konfliktfähiges Führen beginnt bei der eigenen Haltung.
2011 wurde KAVAJ gegründet und sie waren in Deutschland Pioniere im Aufbau einer Marke auf Amazon. Sie haben binnen Monaten skaliert, in Europa, den USA und Asien verkauft und über 100.000 Bestellungen pro Jahr gehabt. Das Wachstum fühlte sich nach außen hin wie ein Erfolg an. Intern war Jörgs Frage eine andere: Macht mich das glücklich? Macht es mein Leben besser?
2014 veränderte sich sein Leben radikal: Drei Wochen nach der Geburt seines ersten Kindes wurde bei ihm Krebs diagnostiziert. Dazu kamen chronische Erkrankungen, die ihm über Jahre gezeigt haben, wie fragil Gesundheit und Beziehungen sind. Das war der Punkt, an dem er begann, anders zu denken. Jörg suchte nicht mehr nur nach Wachstum, sondern nach Sinn, Balance und einer Führung, die Menschen stärkt statt ausbrennt.
Konfliktfähiges Führen wurde für ihn zum zentralen Hebel: Wenn Führungskräfte Konflikte nicht scheuen, entstehen Klarheit, bessere Vereinbarungen und stabile Beziehungen — und damit bessere Ergebnisse.
Häufig wird Führung als etwas angesehen, das nur Aufgabe, Kontrolle und Entscheidungen bedeutet. Das greift zu kurz. Konfliktfähiges Führen verändert vier zentrale Bereiche:
In vielen Organisationen herrscht unter der Oberfläche ein Schuldmodell: Wenn etwas schiefgeht, wird nach einem Schuldigen gesucht. Das lähmt. Ein verantwortungsorientiertes Modell fragt: Was ist geschehen? Wie reagieren wir gemeinsam? Wer trägt welche Rolle? Das erlaubt, Fehler offen anzusprechen und als Lernchance zu nutzen. Konfliktfähiges Führen verlagert die Energie von Schuldzuweisung hin zu konstruktiver Lösungssuche.
Konfliktfähiges Führen ist trainierbar. Es ist nicht nur ein Teil von Persönlichkeit; es ist eine Reihe von Gewohnheiten und Entscheidungen. Hier sind drei sofort umsetzbare Schritte, die Sie heute noch anwenden können.
Bevor Sie in ein schwieriges Gespräch gehen, fragen Sie sich: Was ist meine Absicht? Worum geht es mir wirklich? Eine klare Absicht reduziert Verwirrung und lässt den anderen wissen, mit welchem Blick Sie das Gespräch führen. Beispiele:
Wenn beide Seiten die Absicht kennen, kann das Gespräch in konstruktivere Bahnen gelenkt werden.
Wünsche sind keine Anweisungen. Vereinbarungen schaffen Verbindlichkeit. Statt „ich wünsche mir, dass du pünktlich bist“ sagen Sie: „Können wir vereinbaren, dass du montags bis 9 Uhr die Berichte lieferst?“ Und holen Sie ein klares Ja ein. Dieses Ja ist kein symbolischer Akt — es ist die Grundlage für späteres Nachhalten.
Konfliktfähiges Führen beginnt mit Selbstführung. Das bedeutet:
Wenn Sie Selbstführung kultivieren, wird es leichter, andere souverän durch Konflikte zu führen.
Viele Unternehmen führen Tools, Formate oder Workshops ein und wundern sich, dass nichts passiert. Das passiert, weil Kulturwandel eine Haltungsfrage ist. Methoden helfen — aber nur, wenn die Haltung stimmt. Top-Führungskräfte müssen nicht nur plötzlich etwas Neues sagen, sie müssen es auch leben.
Methoden ohne Haltung sind wie Rezepte ohne Zutaten. Sie sehen gut aus, aber es fehlt Substanz. Eine Kultur, die konfliktfähiges Führen will, braucht:
Wenn die oberste Führung nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, bleiben selbst die besten Tools wirkungslos. Konfliktfähiges Führen verlangt, dass Entscheider ihre eigenen Befindlichkeiten hinterfragen und aktiv mit Unsicherheiten umgehen.
Viele Organisationen leben in einer Blackbox: Sie haben keine belastbaren Mechanismen, um zu wissen, wie die Feedback-Kultur, Mitarbeiterstimmung oder Konfliktbereitschaft wirklich ist. Hier sind diagnostische Schritte, die helfen, den Ist-Stand zu entdecken:
Wichtig ist: Ergebnisse sind nur der Startpunkt. Entscheidend ist, wie Sie die Erkenntnisse in konkrete Maßnahmen übersetzen und wer die Verantwortung übernimmt.
Warum scheuen sich Führungskräfte davor, in Konflikte zu gehen? Die Gründe sind oft tief verankert:
Konfliktfähiges Führen bedeutet nicht, konfliktsüchtig zu sein. Es bedeutet, die eigene Angst zu erkennen, transparent zu sein und eine Kultur zu schaffen, in der Konflikte nicht mit Persönlichkeitsangriffen gleichgesetzt werden.
Wenn konfliktfähiges Führen fehlt, sind die Folgen schnell sichtbar:
Wenn hingegen konfliktfähiges Führen gelebt wird, verändert sich die Energie:
Konfliktfähiges Führen braucht Routinen und Werkzeuge. Hier einige, die sich in der Praxis bewährt haben:
Investitionen in Leadership-Trainings sind oft unterschätzt. Führungskräfte verbringen einen erheblichen Teil ihrer Arbeitszeit mit Konflikten. Wenn diese Konflikte effizienter bearbeitet werden, entsteht viel Raum für Produktivität. Konfliktfähiges Führen ist deshalb ein strategischer Hebel: Es senkt Fluktuation, reduziert verlorene Zeit und fördert bessere Entscheidungen.
Unternehmen, die in Führung investieren, sehen oft schnelle Rückkopplungen: Mitarbeiterengagement steigt, Führung ist klarer, und Teams arbeiten effektiver zusammen. Der Schlüssel ist nicht nur die Ausbildung, sondern die fortlaufende Begleitung und das Nachhalten neuer Gewohnheiten.
Kultur wird top-down getrieben, aber bottom-up gelebt. Das heißt: Die Unternehmensleitung muss Haltung zeigen und konfliktfähiges Führen vorleben. Gleichzeitig brauchen Teams Räume, in denen das Neue ausprobiert wird. Ein integrierter Ansatz umfasst:
Wenn Sie Kultur verändern wollen, vermeiden Sie folgende Fehler:
Konfliktfähiges Führen gelingt, wenn Sie systematisch arbeiten: Haltung, Werkzeug, Training und Messung in Kombination.
Wenn Sie nur drei Dinge sofort umsetzen wollen, dann beginnen Sie hier:
Konfliktfähiges Führen bedeutet, Konflikte nicht zu vermeiden, sondern sie bewusst und konstruktiv zu nutzen. Es umfasst die Fähigkeit, Probleme offen anzusprechen, klare Vereinbarungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Ziel ist es, Beziehungen zu stabilisieren und bessere Ergebnisse zu erzielen.
Typische Indikatoren sind hohe Fluktuation, unausgesprochene Probleme, eine Kultur der Schuldzuweisung, unklare Erwartungen und häufige Missverständnisse. Wenn Gespräche oft emotional eskalieren oder gar nicht stattfinden, ist das ein deutliches Signal.
Starten Sie bei sich: Klären Sie Ihre eigene Absicht für Gespräche, üben Sie, klare Vereinbarungen zu treffen und halten Sie Ihr Wort. Nutzen Sie außerdem regelmässige Retros und holen Sie Feedback ein. Kleine Schritte, konsequent umgesetzt, führen zu sichtbaren Veränderungen.
Ja. Mögliche Messgrößen sind Mitarbeiterzufriedenheit, Fluktuationsrate, Anzahl eskalierter Konflikte, Ergebnisse von 360-Grad-Feedbacks und qualitative Interviews. Wichtig ist, die Messungen regelmäßig durchzuführen und daraus konkrete Maßnahmen abzuleiten.
Dann arbeiten Sie am kleineren Ende: Starten Sie mit Ihrem Team, zeigen Sie Erfolge und dokumentieren Sie die Verbesserungen. Erfolge auf Team-Ebene können helfen, Skepsis bei der obersten Führung abzubauen. Parallel sollten Sie klar kommunizieren, warum konfliktfähiges Führen strategisch relevant ist.
Konfliktfähiges Führen ist kein Add-on. Es ist ein zentraler Bestandteil moderner Leadership. Es verlangt Mut, Selbstreflexion und die Bereitschaft, Dinge offen auf den Tisch zu legen. Die Belohnung ist hoch: stabilere Beziehungen, bessere Ergebnisse und eine Kultur, in der Menschen Verantwortung übernehmen statt Angst zu haben.
Wenn Sie heute einen Schritt machen möchten, beginnen Sie mit einem Gespräch: Formulieren Sie Ihre Absicht, holen Sie ein verbindliches Ja für eine konkrete Vereinbarung und reflektieren Sie anschließend, was gut lief und was Sie beim nächsten Mal anders machen wollen. So bauen Sie schrittweise konfliktfähige Führung in Ihrem Alltag auf.
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